Verlust des passiven Wahlrechts im deutschen Strafrecht

02. April 2025

Verlust des passiven Wahlrechts im deutschen Strafrecht

Die französische Politikerin Marine Le Pen wurde wegen Veruntreuung von EU-Geldern verurteilt. Aufsehen erregt dabei insbesondere die damit verbundene Nebenfolge des Verlusts des passiven Wahlrechts. Anlass, einen Blick auf das deutsche Strafrecht zu richten.

Im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung der Verurteilung von Frau Le Pen steht die verhängte Nebenstrafe: Ihr wird für die Dauer von 5 Jahren das passive Wahlrecht entzogen, wobei das Verbot mit sofortiger Wirkung gilt. Danach könnte sie bei der Präsidentschaftswahl 2027 nicht antreten.

Ob Frau Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2027 antreten kann, ist dabei noch nicht endgültig entschieden. Zum einen hat sie Berufung gegen das Urteil eingelegt und das Berufungsgericht hat bereits verlautbaren lassen, dass eine Entscheidung bis zum Sommer 2026 möglich ist. Zum anderen hat Frau Le Pen angekündigt, sich gegen die sofortige Wirkung des Verbots an den Verfassungsrat zu wenden, der mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht vergleichbar ist.

Unabhängig von dem weiteren Werdegang des Verfahrens bietet der Fall aber Anlass, sich die entsprechenden Regelungen im deutschen Recht zu vergegenwärtigen. Denn auch das deutsche Strafrecht sieht in § 45 StGB unter weiteren Voraussetzungen einen Verlust des aktiven sowie passiven Wahlrechts als mögliche Nebenfolge einer Straftat vor.

Verlust der Wählbarkeit bei Verurteilung wegen Verbrechens

Wird jemand wegen eines Verbrechens – also einem Straftatbestand mit einer angedrohten Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr (§ 12 StGB) – zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt, so tritt der Verlust des passiven Wahlrechts für die Dauer von 5 Jahren automatisch ein. Eines besonderen Ausspruchs durch das Strafgericht bedarf es nicht.

Verlust der Wählbarkeit durch Anordnung des Gerichts

Das erkennende Gericht kann ferner einen Verlust des passiven Wahlrechts für die Dauer von 2 bis 5 Jahren anordnen, soweit der verwirklichte Straftatbestand ausdrücklich auf § 45 Abs. 2 StGB verweist. Dies ist etwa im Staatsschutzstrafrecht (z.B. §§ 92a, 101, 102, 108, 109i, 129a StGB), bei Steuerstraftaten (§ 375 AO) oder den Amtsdelikten (§ 358 StGB), aber auch beim Subventionsbetrug (§ 264 Abs. 7 StGB) der Fall. Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.

Eintritt des Verlusts mit Rechtskraft des Urteils

Anders als im Fall von Frau Le Pen tritt der Verlust des passiven Wahlrechts nach deutschem Recht jedoch nicht bereits mit dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung ein. Als Ausfluss der Unschuldsvermutung tritt die Wirkung vielmehr erst mit Rechtskraft des jeweiligen Urteils ein (§ 45a StGB). Eine Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit sieht das deutsche Strafrecht ausdrücklich nicht vor.

Verlust aktueller Mandate

Mit dem Verlust des passiven Wahlrechts geht grundsätzlich auch der sofortige Verlust entsprechender Rechtsstellungen und Rechte einher, die der Verurteilte zu diesem Zeitpunkt innehat (§ 45 Abs. 4 StGB). Im Falle des Deutschen Bundestags ist insoweit jedoch noch ein Beschluss des Ältestenrats erforderlich (§§ 46 f. BWahlG).

Verlust des aktiven Wahlrechts

Einen Verlust des aktiven Wahlrechts sieht das StGB demgegenüber nur im Wege einer ausdrücklichen Anordnung durch das Strafgericht für eine Dauer von 2 bis 5 Jahren vor (§ 45 Abs. 5 StGB). Voraussetzung hierfür ist, dass der verwirklichte Straftatbestand ausdrücklich auf die Norm verweist, was etwa in den angeführten Normen des Staatsschutzstrafrechts der Fall ist. Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts und tritt ebenfalls erst mit der Rechtskraft des Urteils ein.

Wiederverleihung gemäß § 45b StGB oder im Gnadenwege

Nicht in allen Fällen muss der Verurteilte aber auch tatsächlich den gesamten Zeitraum auf sein Wahlrecht verzichten: § 45b StGB sieht die Möglichkeit einer Wiederverleihung des passiven sowie aktiven Wahlrechts vor Ablauf der vorgesehenen Verlustdauer vor. Voraussetzung hierfür ist, dass bereits mindestens die Hälfte der Verbotsdauer abgelaufen ist und dass zu erwarten ist, dass der Verurteilte künftig keine vorsätzlichen Straftaten mehr begehen wird. Die Entscheidung steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts und ist mit der sofortigen Beschwerde gerichtlich überprüfbar. Ein entsprechender Antrag kann zudem grundsätzlich unbegrenzt wiederholt werden.

Auch eine Beseitigung der strafrechtlichen Nebenfolge im Begnadigungswege sieht das deutsche Recht vor, wobei sich die Voraussetzungen nach der jeweiligen Gnadenordnung der Bundesländer richtet, z.B. die Gnadenordnung NRW.

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Wussten Sie eigentlich, dass… in Gambia nicht mit Stimmzetteln, sondern mt Murmeln gewählt wird? Um die große Zahl der Analphabeten nicht von den Wahlen auszuschließen, wählen die Gambier über ein spezielles Murmelsystem: Die Murmeln werden in den Kandidaten zugeordnete Fässer geworfen, wobei den Wahlbeobachtern durch ein kleines Glöckchen angezeigt wird, dass die Stimme abgegeben wurde.

Yvonne Krause
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