Die große Unbekannte: Pflichtverletzungsvariante des § 299 StGB
Das Verbot der Bestechung im geschäftlichen Verkehr kennt in seiner jeweiligen Nr. 2 die sog. Pflichtverletzungsvariante, der seit jeher ein nur geringer praktischer Anwendungsbereich attestiert wird. Nun hat der BGH über einen Sachverhalt entschieden, der § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB wohl unterfallen würde – hätte er sich nach 2015 ereignet.
Der Tatbestand der Bestechung sowie der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) wurde im Jahr 2015 durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz neu gefasst. Unter anderem wurde er um die sog. Pflichtverletzungstatbestände der § 299 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 StGB ergänzt. Den Varianten wird seither ein nur geringer Anwendungsbereich attestiert – Schulbeispiele gibt es bisher überwiegend in der Literatur. Nun hat der BGH über einen Fall entschieden, der wohl der Pflichtverletzungsvariante des § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB unterfallen würde. Der Sachverhalt lag jedoch so weit in der Vergangenheit, dass auf ihn noch die alte Fassung anzuwenden war.
Nach den Feststellungen übergab der Angeklagte bei der Lieferung von Messingschleifstäuben in 94 Fällen einen Eimer mit Materialproben an einen Mitarbeiter der abnehmenden Firma. Die Materialprobe in den Eimern enthielt dabei – anders als die später tatsächlich erbrachte Lieferung – die vereinbarte Zusammensetzung, insbesondere die bestellten Anteile an Kupfer und Zink. Der Angeklagte vergütete den Mitarbeiter der Abnehmerfirma jeweils mit 150 Euro, damit dieser die Materialprobe zur Laboranalyse weiterleitete. Das Ergebnis dieser Analyse war Grundlage für die spätere Bezahlung der Lieferungen. Bei den Verantwortlichen der Abnehmerfirma sollte auf diese Weise der Eindruck erweckt werden, die Liefermengen enthielten die vereinbarten Anteile von Kuper und Zink. Tatsächlich waren den Lieferungen jedoch zwischen 8% und 20% Sand beigemengt, so dass durch die Bezahlung der Rechnungen ein Schaden von insgesamt etwa 625.000 Euro entstand.
Der BGH entschied nun, dass das Verhalten des Angeklagten nicht den zur Tatzeit geltenden Tatbestand des § 299 StGB erfülle. Die bis 25.11.2015 geltende Fassung des § 299 Abs. 2 StGB stelle lediglich die korruptive Beeinflussung mit dem Ziel einer unlauteren Bevorzugung bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen zu Zwecken des Wettbewerbs unter Strafe. Aufgrund dieser Beschränkung auf Bevorzugungen im Wettbewerb seien von der früheren Fassung Fälle der mit Schmiergeldzahlungen erkauften Pflichtverletzungen durch Angestellte und Beauftragte von Unternehmen außerhalb von Wettbewerbslagen nicht erfasst – von § 299 Abs. 2 Nr. 2 StGB nun aber schon. Die Neufassung schütze neben dem Wettbewerb auch die wirtschaftlichen Interessen des Geschäftsherrn. Erfasst sind daher nunmehr auch Vorteile, für die als Gegenleistung eine Pflichtverletzung der bestochenen Person gegenüber ihrem Dienstherrn erfolgen soll. Eine solche Pflichtverletzung kann dabei jede Handlung oder Unterlassung sein, die geeignet ist, Vermögensinteressen des Geschäftsherrn im Hinblick auf einen konkreten Vorgang des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen zu schädigen, wie z.B. Schlechtlieferungen, Abrechnungs-Unregelmäßigkeiten, Unterlassen von Prüfungen oder Mängelrügen.
Ihre Strafverteidiger von KRAFT. Rechtsanwälte aus Mönchengladbach
Wussten Sie eigentlich, dass… „Staub“ das zentrale Element der mehrfach verfilmten Romanreihe „His Dark Materials“ des US-Autors Philip Pullman ist? Er ist für die meisten Menschen unsichtbar, kennt aber die Antwort auf alle wichtigen Fragen des menschlichen Lebens.