BGH: Zur Annahme eines Vorteils durch einen Amtsträger bei Leistung an Dritte
Der 3. Strafsenat des BGH hat sich in einem jüngst veröffentlichten Beschluss zu den Voraussetzungen der Annahme eines Vorteils durch Amtsträger bei einer Leistung des Bestechenden an Dritte geäußert.
Was war passiert?
Der Angeklagte war Bürgermeister der Stadt Oppenheim. Im Jahr 2013 beauftragte er im Zusammenhang mit dem Ankauf von Grundstücken zur Entwicklung und Bebauung eines Baugebiets einen Makler mit der Erbringung von Maklerleistungen – unter Umgehung des zuständigen Stadtrates sowie unter Verletzung des bestehenden Schriftformerfordernisses. Dabei verabredeten der Angeklagte und der Makler, dass 10 Prozent der gezahlten Provisionen als Spende an die SPD Oppenheim fließen sollen. Insgesamt erhielt der Makler in der Folge 172.250 Euro an Provisionen. Entsprechend der Abrede spendete er in den Jahren 2014 und 2015 17.600 Euro an die SPD Oppenheim.
Das Landgericht Mainz verurteilte den ehemaligen Bürgermeister in erster Instanz zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten wegen Untreue sowie wegen Bestechlichkeit. Der Bundesgerichthof hat das Urteil nun bestätigt.
KRAFT. Rechtsanwälte erläutern die Hintergründe:
Bestechlichkeit (§ 332 StGB)
Der Straftatbestand der Bestechlichkeit verbietet es Amtsträgern unter anderem, als Gegenleistung für die Verletzung einer Dienstpflicht einen Vorteil für sich oder einen Dritten zu fordern, sich versprechen zu lassen oder einen solchen anzunehmen. Anders als für die Tatvariante des Forderns eines Vorteils lässt das Gesetz für die tatbestandsmäßige Annahme eines Vorteils nicht jeden Drittvorteil genügen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Leistung an einen Dritten unter den Begriff der Annahme fallen kann, ist daher umstritten.
Wenn gleich es hierauf im Ergebnis nicht ankam, da der Bürgermeister als Vorstandsvorsitzender der SPD Oppenheim an den Beschlüssen zur Annahme der Spenden mitwirkte und diese auch seinem Wahlkampf zugutekamen, nutzte der BGH die Gelegenheit der Entscheidung und führte in Form eines obiter dictum zu den Voraussetzungen tatbestandsmäßiger Drittvorteile bei der Annahme von Vorteilen aus:
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach der Tatbestand ausschließlich auf den eigennützig handelnden Amtsträger zugeschnitten sei, genügt nach Auffassung der Karlsruher Richter die Zuwendung eines Vorteils an einen Dritten jedenfalls dann, wenn die Leistung in Kenntnis und mit Einverständnis des Amtsträgers erfolgt. Wird die Zuwendung ohne aktuelles Wissen des Amtsträgers vollzogen, so bedarf es seiner nachträglichen Kenntnisnahme und Billigung.
Untreue (§ 266 StGB)
Im Zusammenhang mit der Verurteilung wegen Untreue, hatte der BGH weiter darüber zu befinden, ob der Stadt Oppenheim durch die Zahlung der Provisionen an den Makler ein Vermögensnachteil entstanden ist. Die Zahlung der Provision erfolgte zunächst aufgrund eines erkennbar unwirksamen Vertrags, da dieser unter Umgehung des zuständigen Stadtrats sowie unter Verletzung des bestehenden Schriftformerfordernisses zustande kam. Zudem lag diesem eine Bestechungsabrede zugrunde und damit ein Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Angeklagten. In der Folge konnte die Zahlung nicht zum Erlöschen einer wirksamen Forderung führen, was zunächst einen Nachteil für das Vermögen der Stadt Oppenheim durch die Zahlung bedeutet.
Dieser Nachteil konnte nach Auffassung der Bundesrichter auch nicht durch den Erhalt von Maklerleistungen schadensausschließend kompensiert werden: Unabhängig von der Frage, ob den Leistungen des Maklers im Zusammenhang mit dem Ankauf der Grundstücke durch die Stadt überhaupt ein Vermögenswert zukam, seien diese unter dem Gesichtspunkt des bei der Haushaltsuntreue relevanten persönlichen Schadenseinschlags ohne kompensierbaren Wert, da sie aus Sicht der Stadt subjektiv wertlos seien. Denn der Ankauf der Grundstücke hätte durch den Angeklagten und die Stadt sowie Mitarbeiter der Verbandsgemeinde, der die Stadt angehört, ohne Weiteres selbst organisiert werden können. Dies gelte insbesondere, da die angesprochenen Grundstückseigentümer ohnehin verkaufsbereit gewesen seien. Auch im Hinblick auf das haushaltsrechtliche Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei eine Kompensation angesichts der evidenten und schwerwiegenden Pflichtverstöße des Angeklagten zu verneinen.
Als erfahrene Strafverteidiger im Umgang mit Sachverhalten auf dem Gebiet der Korruption sowie der Vermögensdelikte verteidigen wir Sie gegen die Vorwürfe der Bestechung sowie der Untreue und haben dabei die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung stets im Blick.
Ihre Strafverteidiger von KRAFT. Rechtsanwälte aus Mönchengladbach
Wussten Sie eigentlich, dass… die Stadt Oppenheim Weinpatenstadt unserer Bundeshauptstadt ist? In den 1930er Jahren setzte sich der damalige Bürgermeister Heinz Scheller für eine Weinpatenschaft mit Berlin ein. Zur Wiederbelebung dieser zwischenzeitlich eingeschlafenen Weinpatenschaft und zum Dank für Verdienste um die Stadt Oppenheim wurde der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, am 11. März 2006 in Oppenheim zum Weinritter geschlagen.