Besetzungseinwand in der Revision

31. Oktober 2023

Besetzungseinwand in der Revision

Der BGH setzt sich in einer aktuellen Entscheidung mit den Voraussetzungen einer Besetzungsrüge in der Revision sowie mit den Auswirkungen einer erfolgten Verständigung auf einen erhobenen Besetzungseinwand auseinander.

Hat ein Angeklagter Zweifel daran, dass das Tatgericht vorschriftsgemäß besetzt ist (z.B. aufgrund von Fehlern im Geschäftsverteilungsplan, Mängeln in der Person der Richter oder Problemen im Zusammenhang mit der Schöffenwahl), steht ihm das Recht zu, einen sog. Besetzungseinwand zu erheben und die Besetzung überprüfen zu lassen. Hilft das Tatgericht seinem Einwand nicht ab, wird die die Besetzung auch von einem Rechtsmittelgericht überprüft.

Dass ein Angeklagter diesen Einwand bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens erheben kann – und zugleich muss – ist eine vergleichsweise neue Regelung. Zuvor war er hierfür auf das Revisionsverfahren angewiesen. Aus prozessökonomischen Gründen – es droht eine Aufhebung des Urteils (erst) im Revisionsverfahren aufgrund eines Umstands, welcher der Hauptverhandlung bereits von Beginn an anhaftet – hat der Gesetzgeber jedoch entschieden, die Überprüfung der Gerichtsbesetzung vorzuverlagern und dem Revisionsverfahren so weitestgehend zu entziehen. Die Möglichkeit, den Besetzungseinwand in der Revision zu erheben, steht ihm lediglich noch unter engen Voraussetzungen offen, etwa wenn das Rechtsmittelgericht keine Entscheidung getroffen hat, obwohl der Einwand ordnungsgemäß erhoben und vom Tatgericht zurückgewiesen wurde.

Das Tatgericht hat vor diesem Hintergrund, jedenfalls in landgerichtlichen und oberlandesgerichtlichen Verfahren, seine Besetzung frühzeitig mitzuteilen. Der Angeklagte ist sodann gehalten etwaige Einwände hiergegen innerhalb einer Woche ab Bekanntmachung zu erheben. Dadurch soll eine frühzeitige Entscheidung über die Besetzung erreicht werden, damit über der Hauptverhandlung nicht das Damoklesschwert der Aufhebung wegen vorschriftswidriger Besetzung schwebt.

Auch wenn die Intention des Gesetzgebers war, die Besetzungsfrage auf diese Weise frühzeitig zu klären, garantiert die Rechtslage eine solche Klärung vor oder zu Beginn der Hauptverhandlung nicht. Denn hilft das Gericht dem Besetzungseinwand nicht ab, so hat ein Rechtsmittelgericht hierüber zu befinden, ohne dass dies aber den Fortgang des Verfahrens hemmt. Vielmehr bleibt das Tatgericht zunächst weiterhin zuständig und beginnt mit der Hauptverhandlung, während das Vorabentscheidungsverfahren parallel hierzu läuft.

In diesem Zusammenhang hatte der BGH nun über einen Fall zu entscheiden, in dem das Rechtsmittelgericht über einen vor der Hauptverhandlung erhobenen Besetzungseinwand noch nicht entschieden hatte, das Tatgericht aber zwischenzeitlich sogar bereits ein Urteil gesprochen hatte. Fraglich war insoweit, ob der Angeklagte seine Revision gegenüber dem Revisionsgericht auf die fehlerhafte Besetzung des Gerichts stützen durfte oder ob für den Besetzungseinwand weiterhin das Rechtsmittelgericht zuständig war – welches zwischenzeitlich schließlich eine Entscheidung über den Einwand getroffen hatte. Überzeugend entschied der BGH, dass unmittelbar mit Urteilserlass durch das Tatgericht die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts für eine Entscheidung des Besetzungseinwands entfällt und dem Angeklagten in der Folge die Besetzungsrüge in der Revision offensteht. Die nach Urteil ergangene Entscheidung war damit unbeachtlich.

Ferner beruhte das Urteil auf einer Verständigung (§ 257c StPO), welcher auch der Angeklagte zugestimmt hatte. In diesem Zusammenhang hatte der BGH darüber zu befinden ob in der Zustimmung zu einer Verständigung regelmäßig auch eine Aufgabe des Einwands, das Gericht sei fehlerhaft besetzt, zu sehen ist – wie von Teilen der Literatur angenommen wird. Auch dies lehnte der BGH knapp aber zutreffend ab. Denn eine Zustimmung zu einer Verständigung bedingt keine Abkehr von der Überzeugung einer fehlerhaften Besetzung des Gerichts. Vielmehr ist es ebenso möglich bzw. liegt sogar einmal näher, dass der Angeklagte einer Verständigung zustimmt, um sich – (lediglich) für den Fall, dass er mit dem Besetzungseinwand erfolglos bleibt – das bestmögliche Ergebnis zu sichern.

Mit der nun vorliegenden Entscheidung des BGH setzt sich unser Rechtsanwalt Dr. Christopher Czimek gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Lukas Schefer in der aktuellen Ausgabe der NStZ auseinander. Wer sich vertieft mit dem Verhältnis des Vorabentscheidungsverfahrens zur Besetzungsrüge im Rahmen der Revision sowie den Auswirkungen einer Verständigung auf einen bereits erhobenen Besetzungseinwand auseinandersetzen möchte, dem sei daher die Urteilsanmerkung in NStZ 2023, S. 687 ff. nahegelegt.

Als erfahrene Strafverteidiger haben wir das Strafprozessrecht ebenso wie die aktuelle Rechtsprechung hierzu stets im Blick und erzielen für Sie so das bestmögliche Ergebnis, sei es in der Ausgangs- oder in der Revisionsinstanz.

Ihre Strafverteidiger von KRAFT. Rechtsanwälte aus Mönchengladbach

Wussten Sie eigentlich, dass… Axl Rose im April 2016 vorübergehend zur Besetzung der Band ACDC gehörte? Der etatmäßige Sänger der Band, Brian Johnson, litt unter zu starken Hörproblemen, um aufzutreten. Daher unterstützte Axl Rose die Band bei zehn Auftritten im Rahmen ihrer „Rock Or Bust“-Welttournee. Während einige Fans Einwände gegen die Besetzung erhoben, jubelte ihm ein Großteil des Publikums frenetisch zu.

Yvonne Krause
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