Europäische Staatsanwaltschaft nimmt zum Juni ihren Dienst auf
Am 01.06.2021 nimmt die Europäische Staatsanwaltschaft ihren Dienst auf. Geleitet wird die neu geschaffene Institution von der rumänischen EU-Generalstaatsanwältin Laura Kövesi, die bereits in ihrem Heimatland mit einer strikten Korruptionsbekämpfung ungeachtet großer Namen oder politischer Positionen für Aufsehen sorgte.
Rund vier Jahre nach ihrer Schaffung, startet die Europäische Staatsanwaltschaft damit nun ihre Amtsgeschäfte mit Sitz in Luxemburg. Derzeit nehmen 22 EU-Mitgliedstaaten an der institutionalisierten Zusammenarbeit teil, darunter auch Deutschland. Dabei wird je teilnehmendem Mitgliedstaat ein europäischer Staatsanwalt delegiert. Deutscher Vertreter und zugleich stellvertretender EU-Generalstaatsanwalt ist der bisherige Leiter der Rostocker Staatsanwaltschaft, Herr Oberstaatsanwalt Andrés Ritter.
Dabei ist die Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft überschaubar. Dementsprechend niedrig ist die erwartete Vorgangszahl von jährlich rund 3000 Fällen – im Vergleich dazu: Allein ein deutscher Staatsanwalt bearbeitet rund 800 Fälle pro Jahr, wobei dieser Wert selbstverständlich auch zahlreiche kleinere Fälle umfasst. Solche wenige Seiten umfassenden Ermittlungsakten sind bei der EuStA hingegen nicht zu erwarten. Denn zuständig ist die Europäische Staatsanwaltschaft, wenn sich der Verdacht einer Straftat ergibt, die sich gegen die finanziellen Interessen der EU richtet. Darunter fallen etwa die Geldwäsche von Vermögen, das aus gegen den EU-Haushalt gerichtete Taten stammt, Bestechung, Bestechlichkeit und Veruntreuung zum Nachteil der finanziellen Interessen der EU, Betrugstaten im unmittelbaren Zusammenhang mit Ausgaben und Einnahmen der EU oder betrügerische Handlungen im Zusammenhang mit MwSt.-Abgaben, die mit zwei oder mehr Mitgliedstaaten verbunden sind und einen Gesamtschaden von mindestens 10 Mio. Euro verursachen. Diese Verfahren dürften regelmäßig nicht in nur einen Leitz-Ordner passen – und auch nicht in nur einen Ordner eines sonstigen Herstellers.
Angesichts der Kritik des EuGH an der Unabhängigkeit der deutschen Staatsanwaltschaft im Urteil vom 27.05.2019 (Az. C-508/18) darf man zudem sicher sein, dass bei der Ausübung der Geschäfte besonders auf eine Unabhängigkeit der EuStA gegenüber der Kommission, den sonstigen Organen der EU und den Mitgliedstaaten geachtet wird.
Aufgrund der begrenzten Zuständigkeit und der niedrigen Fallzahl werden sich die Auswirkungen für die alltägliche Praxis der Strafverteidigung auch in Wirtschaftsstrafverfahren in Grenzen halten. Der überwältigende Großteil der Strafverfahren wird weiterhin von den nationalen Behörden ermittelt werden. Dennoch tun alle Wirtschaftsstrafrechtler gut daran, sich bereits frühzeitig mit den Besonderheiten der durch die EuStA geführten Ermittlungsverfahren zu befassen. Steht eine Straftat zulasten des EU-Haushalts in Rede, wird deren Verfolgung fortan durch eine zentrale Institution übernommen, wovon sich die Verantwortlichen Konzentrationseffekte erhoffen. Der Haushalt soll beisammengehalten werden, damit die Gelder effektiv für die von der EU verfolgten Zwecke eingesetzt werden können.
Ihr Strafverteidiger von KRAFT. Rechtsanwälte aus Mönchengladbach
Wussten Sie eigentlich, dass… die Staatsanwaltschaft Kempten im Jahr 2014 rund 1800 Bitcoins eines Computerbetrügers mit einem aktuellen Wert von rund 50 Millionen Euro beschlagnahmt hat, ihr die Verwertung jedoch mangels Passworts in weiten Teilen nicht möglich ist? Zwar liegt der Staatsanwaltschaft die digitale Geldbörse (Wallet) vor, über die der Zugriff auf die Bitcoins möglich wäre. Der Täter weigert sich jedoch, das zur Börse gehörende Passwort zu verraten. Ob eine EuStA solche Gelder zugunsten der öffentlichen Hand realisieren könnte, vermögen die Verfasser dieses Beitrages nicht einzuschätzen.
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