BVerwG: Einstellung des Strafverfahrens hindert Entfernung aus dem Dienst nicht
Das Wehrdienstgericht hat einen Soldaten aus dem Dienst entfernt, obwohl das vorausgegangene Strafverfahren zuvor eingestellt wurde. Zu Recht, wie das Bundesverwaltungsgericht nun urteilte.
Was war passiert?
Gegen einen Soldaten wurden strafrechtliche Vorwürfe erhoben, die sowohl zur Einleitung eines Strafverfahrens als auch eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens führten. Konkret ging es um sexualstrafrechtliche Vorwürfe, deren äußeres Geschehen der Angeklagte einräumte, sich jedoch subjektiv dahingehend einließ, sich über das kindliche Alter der Geschädigten geirrt zu haben.
Dabei wurde das Strafverfahren nach bereits begonnener Hauptverhandlung gegen Zahlung eines Betrags in Höhe von 4.000 € an die Geschädigte eingestellt. Hintergrund dieser Opportunitätsentscheidung war, dass der Tatnachweis nach Auffassung des Gerichts nicht in der angeklagten Form geführt werden konnte und sich das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung in der nunmehr geringeren Form – einer Sexualstraftat zulasten einer Jugendlichen – durch eine solche Zahlung beseitigen ließ.
Dennoch hat das Truppendienstgericht den Angeklagten aus dem Dienstverhältnis entfernt und dies unter anderem auf seine Überzeugung einer Verwirklichung des schwereren Delikts gestützt. Gegen dieses Urteil hat der Soldat sich mit dem Rechtsmittel der Berufung gewandt.
Die Entscheidung
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte nun die Entscheidung des Truppendienstgerichts. Die verhängte disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme sei auch unter Berücksichtigung einer Einstellung des Strafverfahrens gerechtfertigt. Der mit der Anschuldigungsschrift vorgehaltene Vorwurf sei in objektiver und subjektiver Hinsicht erwiesen. Die Einstellung gemäß § 153a StPO stehe der disziplinarischen Maßnahme weder dem Grunde nach noch der Höhe nach entgegen.
Die Einstellung entfalte keine Bindungswirkung. Das äußere Geschehen stehe nicht zuletzt aufgrund der Einlassung des Betroffenen fest. Der hinreichende Nachweis der subjektiven Tatseite sei, abweichend von der Einschätzung des Strafgerichts, erbracht.
Auch hindere § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO die Verhängung der Entfernung aus dem Dienstverhältnis nicht. Danach dürfen wegen desselben Sachverhalts, wegen dem eine Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a Abs. 2 S. 2 StPO erfolgt ist, Disziplinararrest oder monetäre Kürzungen nur erfolgen, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um die militärische Ordnung aufrechtzuerhalten oder wenn durch das Fehlverhalten das Ansehen der Bundeswehr ernsthaft beeinträchtigt wurde. Die limitierende Wirkung von § 16 WDO sei auf einfache Disziplinarmaßnahmen oder Gehaltskürzungen beschränkt. Erfordere das Dienstvergehen darüberhinausgehende Maßnahmen, greife die Sperrwirkung von § 16 WDO nicht.
Zudem mache die Zahlung an die Geschädigte eine berufsrechtliche Sanktion auch nicht entbehrlich. Diese sei vorrangig zur Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens, also zur Bewahrung vor einschneidenden strafrechtlichen Sanktionen erfolgt. Das disziplinarische Interesse, namentlich die Integrität, das Ansehen und die Disziplin in der Bundeswehr aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, sei ein abweichendes und hiervon nicht berührt. Dieses erfordere eine darüberhinausgehende disziplinarische Ahndung.
Die Beratung: Strafrecht und Berufsrecht
Die Entscheidung stellt einmal mehr heraus, dass eine strafrechtliche Beratung und Verteidigung stets auch etwaige berufsrechtliche Implikationen zu berücksichtigen hat. Dies gilt für Soldaten ebenso wie für Beamte sowie die Angehörigen der freien Berufe. So mag sich ein Geständnis oder eine Entschädigungszahlung im Strafverfahren einstellungsfördernd auswirken. Die Voraussetzungen sowie das Erfordernis einer berufsrechtlichen Ahndung sind damit jedoch noch nicht notwendig beseitigt.
Als Experten auf dem Gebiet der Strafverteidigung sowie berufsrechtlicher Verfahren, haben wir die Wechselwirkung zwischen Strafrecht und Berufsrecht stets im Blick, um für Sie das – nicht nur strafrechtlich – bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Ihre Strafverteidiger von KRAFT. Rechtsanwälte aus Mönchengladbach
Wussten Sie eigentlich, dass… es gemäß § 27 Abs. 6 StVO verboten ist, auf Brücken im Gleichschritt zu marschieren? Hintergrund dieser Regelung ist die Möglichkeit einer Resonanzkatastrophe, also einer Zerstörung der Brücke durch übermäßige Schwingungsamplituden im Resonanzfall, wie sie etwa bei marschierenden Soldaten vorkommen kann. Dass ein Marschieren auf Brücken schon einmal zu disziplinarrechtlichen Sanktionen für Soldaten geführt hat, ist uns jedoch nicht bekannt.